12. Mai 2016

Lastenräder im Wirtschaftsverkehr haben Potenzial

DLR legt Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vor

Lastenräder können in Innenstädten einen beträchtlichen Teil des Wirtschaftsverkehrs leise und umweltschonend abwickeln. Verkehrsforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben untersucht, welche Potenziale für eine Fahrradnutzung im Wirtschaftsverkehr bestehen und wie diese gefördert werden können. Die Studie wurde am 12. Mai 2016 der parlamentarischen Staatssekretärin imBundesministerium für Verkehr und digitale Infrastrukturund Koordinatorin der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik, Dorothee Bär, übergeben.

"Potenzial von Lastenrädern bei der letzten Meile unterschätzt"

In der Studie haben Wissenschaftler des DLR-Instituts für Verkehrsforschung in Berlin erstmals systematisch die gewerblichen Nutzungspotenziale für Lastenräder ermittelt. Grundlage der Analysen war der Datensatz "Kraftfahrzeugverkehr in Deutschland" (KiD 2010).Nach erfolgter Datenaufbereitung analysierten die Forscher 3,9 Milliarden und damit zirka neun Prozent der Fahrten im deutschen Wirtschaftsverkehr. Bereits unter konservativen Annahmen könnten etwa acht Prozent der betrachteten Fahrten im Wirtschaftsverkehr von Lastenrädern übernommen werden. Langfristig können es sogar bis zu 23 Prozent dieser Fahrten und damit insgesamt vier Prozent der untersuchten Fahrleistung sein. "Das Potenzial von Lastenrädern auf der letzten Meile der Transportkette wird von vielen Unternehmen noch unterschätzt", sagte die parlamentarische Staatsekretärin Dorothee Bär. "Mit den heutigen Lastenrädern können nicht nur Pakete und Güter transportiert werden. Auch für Dienstleistungsbereiche wie Pflege- oder Handwerksleistungen ist das Fahrrad als Transportmittel geeignet. Das Bundesverkehrsministerium wird deshalb interessierten Unternehmen und Kommunen auf Basis der DLR-Studie eine Hilfestellung mit Best-Practice-Beispielen zur Verfügung stellen."

Fahrräder und Lastenräder waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein selbstverständliches Transportmittel für Auslieferungs- und Werkverkehre. Die Automobilisierung der Gesellschaft führte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts allerdings zu einer Fast-Verdrängung des Fahrrads als Nutzfahrzeug in den meisten Branchen. In einigen Wirtschaftszweigen, etwa bei der Postzustellung, im Kurierwesen oder als Diensträder auf großen Industriearealen werden Fahrräder eingesetzt, flächendeckend ist der Fahrrad-Wirtschaftsverkehr in Deutschland derzeit aber kaum messbar. Wird sich dies vor dem Hintergrund der fortschreitenden Elektrifizierung von Fahrrädern und der Verbesserung des verfügbaren Lastenrad-Angebots in naher Zukunft ändern? An dieser Stelle setzt das vorliegende Forschungsvorhaben an. "Bislang spielt der Fahrrad-Wirtschaftsverkehr als Teil der Radverkehrsförderung oder als Element der nachhaltigeren Gestaltung des städtischen Güterverkehrs nur eine marginale Rolle. Mit vertretbarem Aufwand ließen sich bereits substanzielle Verlagerungspotenziale erschließen", fasst Johannes Gruber, Projektleiter der Studie beim DLR-Institut für Verkehrsforschung zusammen.

Großes Wachstum bei Internet-Startups im Lieferservice

Das Lastenrad wird in großen Städten derzeit vermehrt eingesetzt, unter anderem von Internet-Startups, die in Kooperation mit Restaurants fertig zubereitete Speisen zu den Kunden nach Hause liefern. Neben dem Lieferservice haben die Verkehrswissenschaftler Post- und Paketauslieferungen, Kurierfahrten, den Personenwirtschaftsverkehr und den Werksverkehr als praxisnahe Marktsegmente für den Fahrrad-Wirtschaftsverkehr ermittelt. "Neben der Restaurantauslieferung beobachten wir auch immer mehr Einzelhändler, die sich zusammenschließen und einen Lieferservice per Lastenrad bieten", beschreibt Gruber die Ergebnisse der Studie.

Kommunen haben Schlüsselrolle

Bund, Länder und Kommunen haben vielfältige Möglichkeiten, den Fahrrad-Wirtschaftsverkehr zu fördern und damit die verkehrsbedingten Belastungen von Innenstädten zu senken. Vor allem den Kommunen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Die Wissenschaftler haben unter anderem herausgefunden, dass viele Probleme für Lastenräder im Straßenverkehr in Zukunft dadurch gemindert oder gar vermieden werden, wenn die Kommunen den Fahrrad-Wirtschaftsverkehr in ihre Pläne und Programme einbetten. Mit der Unterstützung innovativer Distributionskonzepte, Lastenrad-Verleihprogrammen, der Nutzung von Lastenrädern im kommunalen Betrieb oder mithilfe zeitlicher Zufahrtsberechtigungen in Innenstädten stehen den Kommunen vielfältige Mittel zur Verfügung, den Fahrrad-Wirtschaftsverkehr zu fördern.

Flexibilität und innovatives Image von Unternehmen

Um herauszufinden, nach welchen Kriterien Unternehmen entscheiden, ob sie Lastenräder in ihre Fahrzeugflotte aufnehmen, führten die Wissenschaftler zahlreiche Expertengespräche. Erwartungsgemäß spielen fahrzeugtechnische Faktoren, wie die Reichweite der Akkus bei Elektro-Lastenrädern oder die Zuladung eine große Rolle. Die Forscher stellen jedoch auch fest, dass subjektive Einstellungen der Entscheider, ein angestrebtes innovatives und nachhaltiges Image eines Unternehmens und die Flexibilität bei der Zusammenstellung des Fuhrparks wichtige Kriterien für den Einsatz von Lastenrädern sind.

Insgesamt hat die Studie rund 30 Best-Practice-Beispiele für Entscheider der öffentlichen Hand auf Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen zusammengestellt. Den vollständigen Bericht finden Sie hier.

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Kontakt

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Tel: +49 30 67055-639

Dr. Johannes Gruber

Projektleiter "Ich entlaste Städte"
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Verkehrsforschung
Wirtschaftsverkehr
Rudower Chaussee 7, 12489 Berlin