13. Januar 2020 | Kompaktsatellit auf polarer Umlaufbahn

Abschied von Mission Eu:CROPIS

  • Eu:CROPIS -Mission endete am 31.12.2019.
  • Drei der vier Experimente an Bord lieferten zahlreiche Datensätze.
  • Erster eigens vom DLR entwickelter Bordcomputer funktioniert zuverlässig im All.
  • Kompaktsatellit demonstriert innovative Leichtbautechnologien im Weltraumeinsatz.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Exploration, Forschung unter Weltraumbedingungen, Technik für Raumfahrtsysteme

Am 31. Dezember 2019 endete die Experimentierphase auf dem Satelliten Eu:CROPIS des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Seit gut einem Jahr fliegt der Kompaktsatellit auf einem Orbit direkt über Nord- und Südpol um die Erde – mit an Bord vier Experimente: das DLR-Strahlungsmessinstrument RAMIS (RAdiation Measurement In Space), das NASA-Experiment Power Cell in Space sowie der On-Board-Computer SCORE des DLR lieferten zahlreiche Datensätze. Das namensgebende Experiment Eu:CROPIS (Euglena and Combined Regenerative Organic-Food Production In Space) konnte aufgrund eines Softwareproblems leider nicht initiiert werden. Insgesamt testete das DLR mit diesem Forschungssatelliten erstmals einen besonders gewichtssparenden Kompaktsatelliten mit innovativen Leichtbaustrukturen für kosteneffiziente Starts.

Strahlung rund um den Erdball gemessen

Mit dem Strahlungsmessgerät RAMIS konnten Daten nahezu um den gesamten Erdball erfasst werden. Für das Experiment des Kölner DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin befinden sich an der Außenseite sowie im Inneren des Satelliten zwei baugleiche Messgeräte, die die kosmische Strahlung erfassen. Hierbei konnten sowohl die Variation der äußeren Strahlungsgürtel der Erde, die hauptsächlich von Elektronen bevölkert sind, sowie der Anstieg der galaktisch kosmischen Strahlung im Rahmen der verminderten solaren Aktivität bei den Überflügen über die Pole gemessen werden. DLR-Strahlungsforscher Dr. Thomas Berger, Leiter des RAMIS-Experiments, ist sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Messungen: "Wir haben jede Menge Daten aus dem Inneren sowie von der Außenseite des Satelliten mit geringer Strahlungsabschirmung erhalten und können so einen perfekten Vergleich anstellen. Mit diesen nun seit einem Jahr eingehenden Daten haben wir jetzt schon einen Datensatz erhalten, der gerade für diesen Orbit nahezu einzigartig ist und noch viele wissenschaftliche Erkenntnisse liefern wird". Die erfassten Daten sind unter anderem die Basis für die Bestimmung des Ortes und der Intensität der äußeren Strahlungsgürtel, die vor allem zur Verifikation von Strahlungsgürtelmodellen verwendet werden können.

Bakterien unter Mond- und Marsgravitation

Auch für den Kooperationspartner, die amerikanische Weltraumbehörde NASA, lieferte die Mission Eu:CROPIS wertvolle Ergebnisse: Mit Power Cell in Space konnten während des Missionsverlaufs Bakterien biologische Stoffe produzieren, die auch bei einem Aufenthalt auf Mond und Mars produziert werden könnten. Eu:CROPIS erzeugte für das Experiment durch verschieden schnelle Rotation Mond- und Marsgravitationsbedingungen. Die Mondgravitation entspricht dabei dem 0,16-fachen der Erdschwerkraft, die Marsgravitation dem 0,38-fachen der irdischen Gravitation.

DLR-Bordcomputer und Leichtbau im Weltraumeinsatz

Mit der Mission Eu:CROPIS wurde zudem, der erste vom DLR entwickelte Bordcomputer SCORE und somit das Prinzip des skalierbaren Boardrechners COBC (Compact On-Board Computer) im All getestet. Der On-Board-Computer übernahm die Bildverarbeitung für die Außenbordkameras, die unter den Solarpaneelen sitzen. So wurde kontrolliert, ob die Paneele wie vorgesehen ausklappten. Der Rechner funktioniert bis heute zuverlässig unter den besonderen Bedingungen im Weltraum. Ein modulares, skalierbares Rechnersystem hat den Vorteil, für zukünftige Missionen leichter an die speziellen Anforderungen angepasst werden zu können und so kostengünstiger und weniger zeitaufwendig in der Entwicklung zu sein. Neben den Experimenten haben wir auch einen besonders leichten, kompakten Satelliten gebaut, in dem viele innovative Technologien wie beispielsweise 3-D-gedruckte Bauteile und ein aus kohlefaserverstärktem Polymer (CFRP) gefertigter Druckbehälter erstmals zur Anwendung kamen", sagt Projektleiter Olaf Eßmann vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme.

Auf der Suche nach Lösungen für die Gewächshäuser

Im Januar 2019 hatte ein reguläres Softwareupdate zu Kommunikationsproblemen mit den beiden Gewächshäusern im Inneren des Satelliten geführt, die mit dem Update in einen Sicherheitsmodus versetzt wurden. Nach einer umfangreichen Fehleranalyse und Versuchen an einem irdischen Experimentaufbau unternahm das Missionsteam aus Ingenieuren und Wissenschaftlern im Laufe des Jahres 2019 mehrere Versuche, die Kommunikation mit dem Experiment wieder aufzunehmen. "Wir haben zum Beispiel einige Module im Satelliten neugestartet, aber leider konnten wir die Kommunikationsprobleme nicht beheben", erläutert Olaf Eßmann. Der Gewächshausteil der Mission Eu:CROPIS war ein erster Schritt, um zu testen, wie biologische Lebenserhaltungssysteme als eine Technologie für die Nahrungsversorgung auf einer Langzeitmission eingesetzt werden können. In zwei Gewächshäusern in einer Lebensgemeinschaft mit Bakterien, einzelligen Algen (Euglenen) und synthetischem Urin als Dünger, sollten Tomaten unter Mond- und Marsgravitationsbedingungen wachsen. Ein Aktivierungsversuch des Experiments ergab, dass die Gewächshäuser samt Technik zwar noch funktionstüchtig sind, die Bewässerung jedoch nicht in Gang gesetzt werden kann. Somit können die Tomatensamen und die in Ruhestadien befindlichen Euglenen nicht aktiviert werden. "Wir bedauern dies", sagt der wissenschaftliche Leiter des Experiments, Biologe Dr. Jens Hauslage vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. "Dennoch können wir sagen, dass das Prinzip funktioniert, denn das Bodenmodell ist funktionstüchtig, und wir haben mit Eu:CROPIS ein Langzeit-Testbett für biologische Forschung im All entwickelt".

Auch wenn das namensgebende Experiment nicht aktiviert werden konnte, haben die Wissenschaftler in allen beteiligten Instituten essentielle Dinge für einen nächsten DLR-Kompaktsatelliten lernen können und werden diese Erfahrungen für zukünftige Missionen einbringen. Auch werden aktuell anderweitige Flugmöglichkeiten sondiert, um den biologischen Teil des Experimentes unter Mondbedingungen durchzuführen. Somit hat die EU:CROPIS-Mission dazu beigetragen, neue Erkenntnisse und innovatives Wissen für Ingenieure und Biologen zu schaffen, das weiter genutzt wird.

Flexible Konstruktion in unterschiedlichen Größen

Der Kompaktsatellit Eu:CROPIS wurde federführend am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen gebaut. Das DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik in Braunschweig entwickelte die Rahmenstruktur und den Drucktank. Die Energieversorgung läuft über vier Solarpaneele von jeweils einem Quadratmeter. Die DLR-Wissenschaftler haben schon im Vorfeld der Mission Standardkomponenten für Satelliten entwickelt. So können sie Satelliten je nach Nutzlast schnell, kosteneffizient und flexibel in unterschiedlichen Größen konstruieren und bauen. Dieses komponentenorientierte Design ist ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem viele unterschiedliche Forschungsmissionen unterstützt werden können. Eu:CROPIS war am 3. Dezember 2018 mit einer Falcon 9-Trägerrakte von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien gestartet. Ausgehend von seiner vergleichsweise niedrigen Umlaufbahn 600 Kilometer über der Erde, wird der Satellit über die nächsten zwei Jahrzehnte schrittweise an Höhe verlieren und schließlich in der Erdatmosphäre verglühen.

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Kontakt

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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-3959

Dr. Jens Hauslage

Gravitationsbiologie
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Linder Höhe, 51147 Köln

Olaf Eßmann

Systementwicklung und Projektbüro
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Raumfahrtsysteme
Robert-Hooke-Str. 7, 28359 Bremen

Dr. Thomas Berger

Leiter Experiment MARE
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Strahlenbiologie
Linder Höhe, 51147 Köln