11. November 2020 | Das DLR in Berlin ist dabei

Neues Hochdruckmineral im Mondmeteoriten entdeckt

  • DLR-Wissenschaftlerin Dr. Ute Böttger lieferte zusammen mit Dr. Jörg Fritz durch Raman-Spektroskopie den Nachweis des Minerals.
  • Das neue Mineral Donwilhelmsit ist für die Interpretation des inneren Aufbaus der Erde von Bedeutung.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Mondforschung, Geowissenschaften

Ein europäisches Forscherteam entdeckte in einem Mondmeteoriten ein neues Hochdruckmineral. Ermöglicht wurde diese Entdeckung durch Untersuchungen mit dem Raman-Spektrometer am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin. Das neue Mineral ist für die plattentektonische Prozesse tief im Erdinneren von Bedeutung.

Nachweis durch Raman-Spektroskopie am DLR-Berlin

Donwilhelmsit [CaAl4Si2O11] – so lautet der Name des neu entdeckten Minerals. Die DLR-Wissenschaftlerin Dr. Ute Böttger untersuchte hierfür zusammen mit Dr. Jörg Fritz (Zentrum für Rieskrater und Impaktforschung Nördlingen) den Mondmeteoriten Oued Awlitis 001, der 2014 in der Westsahara gefunden wurde. „Die Messungen mit unserem Raman-Spektrometer zeigten, dass es sich hierbei um ein bislang unbekanntes Mineral handelt“, erklärt Dr. Ute Böttger vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme. Dieses Hochdruckmineral wurde in den winzigen Schmelzzonen des Meteorits entdeckt und entsteht bei sehr hohen Druck- und Temperaturbedingungen wie sie beispielsweise bei Asteroideneinschlägen vorkommen oder im Inneren der Erde herrschen. „Diese Bereiche des Erdinneren bleiben für uns unerreichbar, daher sind Mondmeteorite von großer wissenschaftlicher Bedeutung, da sie auch Aufschluss über den inneren Aufbau der Erde liefern können“, sagt Dr. Ute Böttger.

Bilden sich Einschlagkrater auf dem Mond, so werden Gesteine von der Oberfläche in den Weltraum geschleudert, erreichen Fluchtgeschwindigkeit und fallen nicht mehr auf den Mond zurück. Einige landen dann später als Mondmeteorite auf der Erde. Während des Einschlags auf dem Mond treten extreme physikalische Bedingungen auf und es entstehen in mikroskopisch kleinen Zonen innerhalb des Mondgesteins Schmelztaschen oder Schmelzadern. In diesen natürlichen Schmelztiegeln bilden sich Minerale wie der Donwilhelmsit. Der Erdmantel besteht zum großen Teil aus Mineralen wie Wadsleyite, Ringwoodite und Bridgmanite, Hochdruck-Variationen des Eisen-Magnesium-Minerals Olivin, einem der häufigsten Minerale des oberen Erdmantels und von Basaltmagmen. Sie wurden ebenfalls als natürliche Minerale zuerst in Meteoriten gefunden und nach ihren Entdeckern benannt. Zunächst konnten diese Minerale nur in Hochdruckexperimenten im Labor synthetisiert werden.

Die Bedeutung des Minerals für den inneren Aufbau der Erde

Elektronenbeugungsbild und Kristallstruktur
Credit:

©Institute of Physics of the Czech Academy of Science, Mariana Klementova

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Donwilhelmsit besteht aus Atomen von Kalzium, Aluminium, Silizium und Sauerstoff, die in einer hexagonalen (sechseckigen) Kristallstruktur angeordnet sind. Es ist das erste Hochdruckmineral in Meteoriten, mit dem ein Bezug zu subduzierten terrestrischen Sedimenten hergestellt werden kann, also Sedimenten, die durch die Plattentektonik an den Rändern der Kontinentalplatten tief in den Erdmantel abtauchen. Der Mondmeteorit Oued Awlitis 001 weist chemische Ähnlichkeiten mit den Gesteinen unserer Kontinente auf. Wind und Flüsse tragen diese Sedimente in die Ozeane, wo sie durch Plattentektonik zusammen mit der dichten ozeanischen Kruste tief in den Erdmantel gezogen werden. Ab einer Tiefe von 460 bis 700 Kilometern wandeln sich die Minerale durch hohe Druck- und Temperaturbedingungen in dichtere Minerale um – so auch der neu entdeckte Donwilhelmsit. Im Gesteinszyklus der Erde ist Donwilhelmsit somit wichtig für den Transport kontinentaler Sedimente durch die Übergangszone des Erdmantels.

Die Untersuchung des Mondmeteoriten – eine paneuropäische Erfolgsgeschichte

Über das neue Mineral Donwilhelmsit berichteten am 2. November 2020 im Wissenschaftsjournal „American Mineralogist“ Jörg Fritz und die Kolleginnen und Kollegen vom Museum für Naturkunde Berlin, dem Naturhistorischen Museum in Wien, dem Institut für Physik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, aus dem Geoforschungszentrum Potsdam der Helmholtz-Gemeinschaft, dem Naturhistorischen Museum in Oslo, der Universität Manchester und dem DLR in Berlin.

Rasterelektronen-mikroskopische Aufnahme des neuen Minerals
Credit:

©Museum für Naturkunde Berlin, Ansgar Greshake

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Diese paneuropäische Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermöglichte es, den Mondmeteoriten zu organisieren, das neue Mineral zu entdecken, dessen wissenschaftliche Bedeutung zu verstehen sowie die Kristallstruktur der winzigen, ein tausendstel Millimeter breiten Kristalle genau zu vermessen. Hierbei nutzte Mariana Klemantova vom Institut für Physik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften die technisch anspruchsvolle Methode der 3D-Elektronenstreuung (3DED), zusammen mit einem speziell entwickelten Computerprogramm, um zum ersten Mal die Kristallstruktur eines außerirdischen Minerals genau zu vermessen.

Das neue Mineral wurde nach dem Amerikanischen Mondforscher Don E. Wilhelms benannt. Der 1930 geborene Geologe war maßgeblich an der Auswahl der Landestellen für die Apollo Missionen und dem Feldtraining für die Astronauten auf der Erde beteiligt, die zwischen 1969 und 1972 mit sechs erfolgreichen Missionen die ersten Mondgesteine zu Erde brachten. Teile des Mondmeteoriten Oued Awlitis 001 wurden durch die Crowdfunding Aktion „Help us to get the Moon“ erworben und sind heute im Naturhistorischen Museum in Wien ausgestellt. Bei der Untersuchung der Proben von der Apollo-11-Landestelle entdeckten amerikanische Mineralogen 1970 ebenfalls ein neues, auf der Erde damals noch unbekanntes (aber hier inzwischen auch gefundenes) Mineral – den Armalcolit. Der Name des Minerals ist aus den Anfangsbuchstaben der Nachnamen der drei Astronauten von Apollo 11 zusammengesetzt: Armstrong, Aldrin und Collins. Armalcolit, ein Magnesium-Eisen-Titanoxid, entsteht allerdings bei niedrigem Druck.

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Dr. Ute Böttger

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Optische Sensorsysteme
Weltrauminstrumente
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