1. Dezember 2025 | Forschung für künftige Raumfahrt-Missionen

100 Tage isoliert oder 60 Tage im Bett – jetzt bewerben für Isolationsstudie oder Bettruhestudie

  • Die Studien SOLIS100 und SMC3 starten im Frühjahr 2026 im :envihab des DLR in Köln.
  • Bewerbungen sind bis 12. Dezember 2025 möglich.
  • Bewerberinnen und Bewerber durchlaufen ein mehrstufiges Auswahlverfahren.
  • Die Studien untersuchen die Auswirkungen von Isolation (SOLIS100) und die Auswirkungen von Schwerelosigkeit im All (SMC3).
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Exploration, Raumfahrtmedizin

100 Tage in einer beengten Umgebung, ohne Freunde und Familie, mit strengen Regeln, in einem kleinen Team und abgeschottet von der Außenwelt – was macht das alles mit uns Menschen? Darum geht es bei der Isolationsstudie SOLIS100, die das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ab dem kommenden Frühjahr in Köln durchführt. Initiator ist die Europäische Weltraumorganisation ESA. Die Studie erforscht die Auswirkungen von Isolation auf die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden. Bewerbungen sind bis zum 12. Dezember 2025 über die Webseite dlr-probandensuche.de möglich. Die sechs Teilnehmenden müssen viele Voraussetzungen erfüllen, es gibt eine aufwändige Vorauswahl. Parallel können sich Interessierte ebenfalls bis zum 12. Dezember 2025 für die nächste Bettruhestudie SMC3 im DLR bewerben. Für SMC3 – in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA – sucht das DLR zwölf terrestrische Astronautinnen und Astronauten.

„Zukünftige Raumfahrtmissionen werden die Erdumlaufbahn verlassen und weit entfernte Ziele wie den Mond oder Mars im Blick haben. Da dies mit langen Missionszeiten in Schwerelosigkeit einhergeht, ist es wichtiger denn je, Astronautinnen und Astronauten auf die psychologischen und körperlichen Herausforderungen vorzubereiten“, sagt Dr. Amelie Therre vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Leiterin von SOLIS100. „Missionen zum Mond und zum Mars erfordern psychische und physische Belastbarkeit, Selbstständigkeit und die Fähigkeit, in isolierten und beengten Umgebungen zu bestehen. Um solche Missionen erfolgreich durchzuführen und die Sicherheit von Astronauten und Astronautinnen zu gewährleisten, müssen wir die Auswirkungen dieser extremen Bedingungen auf die menschliche Gesundheit, das Verhalten und die Leistungsfähigkeit erforschen.“

Leben in einem engen Habitat

Eine Reise zum Mond dauert etwa drei Tage. Auf dem Weg zum Mars sind Astronautinnen und Astronauten ungefähr sechs Monate unterwegs. Und das auch nur, wenn Mars und Erde in einer günstigen Konstellation zueinander stehen. Der Mars ist zwar ein direkter Nachbar der Erde, aber trotzdem mindestens 55 Millionen Kilometer entfernt. Bis zum Mond sind es zum Vergleich „nur“ rund 400.000 Kilometer. Wer monatelang in einer Raumkapsel unterwegs ist oder hunderttausende Kilometer entfernt in einem Habitat wohnt, muss mit außergewöhnlichen Bedingungen umgehen: Er oder sie muss sich nicht nur mit Mitreisenden verstehen, sondern auch mit dem Habitat und der Entfernung zur Heimat zurechtkommen, mit Ressourcen haushalten und erfolgreich für die Mission arbeiten. Das ist das Thema von SOLIS100. Die Studie bewertet die psychischen und physischen Risiken, die mit der Isolation und der beengten Umgebung während Langzeitmissionen einhergehen.

Dazu leben sechs Personen 100 Tage lang in einer simulierten Raumstation mit begrenzten Ressourcen. Die Raumstation befindet sich in einem Labor des :envihab, der luft- und raumfahrtmedizinischen Forschungsanlage des DLR in Köln. Die Teilnehmenden haben den gleichen Tagesablauf wie Astronautinnen und Astronauten auf einer Mission: Sie arbeiten als Crew zusammen, haben wissenschaftliche Aufgaben, treiben Sport und müssen sich um ihre „Raumstation“ kümmern.

Aufgabe während der Studie: Andocken an ein virtuelles Raumschiff
Die Studie SOLIS8 hat die Studie SOLIS100 vorbereitet: Die Teilnehmenden hatten einen festen Zeitplan mit unterschiedlichen Aufgaben. Unter anderem sollten sie eine virtuelle Raumkapsel an ein Raumschiff andocken. Bei dem Experiment werden sechs Freiheitsgrade wie in Schwerelosigkeit simuliert. Im Rahmen der ESA-Isolationsstudie SOLIS8 haben drei Männer und drei Frauen acht Tage lang eine Weltraummission simuliert. Die Studie SOLIS100, die ebenfalls im :envihab des DLR wird, startet im kommenden Frühjahr.

Für SOLIS100 gesucht: Personen wie Astronautinnen und Astronauten

Die sechs internationalen Crew-Mitglieder sollen ein ähnliches Profil wie Astronautinnen und Astronauten aufweisen. Sie müssen zwischen 25 und 55 Jahre alt und körperlich fit sein. Sie sollten mindestens einen Bachelor-Abschluss haben, ein höherer Abschluss und Fachkenntnisse in relevanten Bereichen sind von Vorteil. Mit Fragebögen, Tests und Untersuchungen stellt das Studienteam die medizinische und psychologische Eignung der Bewerbenden fest. Da die Studiensprache Englisch ist, sind sehr gute Englischkenntnisse erforderlich. Inklusive Vorbereitung und anschließender Erholungsphase umfasst SOLIS100 insgesamt 126 Tage. Die ESA-Studie beginnt nach aktueller Planung im April 2026. SOLIS100 wurde im Juli 2025 mit der achttägigen Studie SOLIS8 vorbereitet. Ausführliche Informationen: 100 Tage Raumfahrtmission: Probandinnen und Probanden für eine Isolationsstudie am DLR gesucht

Oder 60 Tage im Bett liegen – für den Weltraum-Effekt

Ebenfalls im :envihab, und wahrscheinlich zeitgleich zu SOLIS100, findet die dritte Kampagne der SMC-Bettruhestudie statt. SMC steht für Sensorimotor Countermeasure Study. Die Studie untersucht, wie den sensomotorischen Beeinträchtigungen, welche durch die Schwerelosigkeit hervorgerufen werden, entgegengewirkt werden kann.

Künftige Astronautinnen und Astronauten werden längere Zeit der Schwerelosigkeit ausgesetzt sein. Sie werden auf der Mondoberfläche, auf der nur ein Sechstel der Anziehungskraft der Erde wirkt, arbeiten und zur Raumstation im Mondorbit zurückkehren. Sie müssen sich gut und sicher bewegen und brauchen Kraft. Allerdings wird es in der Raumstation nicht viel Platz für große Trainingsgeräte geben. „Die Studie untersucht, wie man mit relativ kleinen und leichten Trainingsmethoden die Funktion des Bewegungsapparats aufrechterhalten kann. Dafür simulieren wir zunächst die Effekte der Schwerelosigkeit. Die Probandinnen und Probanden liegen nicht nur 60 Tage im Bett. Zusätzlich ist das Bett zum Kopf hin um sechs Grad nach unten geneigt: Der Kopf liegt niedriger als die Füße, damit sich auch die Körperflüssigkeiten wie in der Schwerelosigkeit in Richtung Kopf verschieben. Wie bei Astronautinnen und Astronauten nimmt dann die Muskelmasse ab und der Gleichgewichtssinn verschlechtert sich“, erklärt Dr. Stefan Möstl vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, der die Bettruhestudie leitet.

Video: Forschung für die Raumfahrt der Zukunft – das DLR sucht terrestrische Astronautinnen und Astronauten
Die Bettruhestudie in Zusammenarbeit mit der NASA erforscht, wie sich längere Raumfahrt-Missionen auf Astronautinnen und Astronauten auswirken und welche Gegenmaßnahmen möglich sind. Die „Sensorimotor Countermeasures Study“ (SMC) dauert 88 Tage, 60 Tage davon verbringen die Teilnehmenden in einer Sechs-Grad-Kopftieflage im Bett. Die Studie wird im :envihab, der Forschungsanlage des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin, in Köln durchgeführt.

Die Probandinnen und Probanden werden auch „terrestrische Astronautinnen und Astronauten“ genannt. Während eine Gruppe als Kontrollgruppe „nur“ im Bett liegt, bekommen die anderen während ihrer Bettruhe zusätzlich ein Training für den Bewegungsapparat. Dabei trainiert eine Gruppe den Gleichgewichtssinn mit einem sogenannten „GravityBed“: Die Teilnehmenden „schweben“ auf einem druckluftgelagerten Schlitten, während die Füße über ein Gurtsystem an ein Balance Board gedrückt werden. Sie sollen das Balance Board durch ausgleichende Bewegungen mit den Beinen und dem Oberkörper halten. Bei den terrestrischen Astronautinnen und Astronauten der dritten Gruppe wird ausschließlich die Beinmuskulatur mit elektrischen Impulsen (Elektromyostimulation) trainiert. Da beide Trainingsmethoden auch für den Einsatz auf einer zukünftigen Raumstation geeignet wären, sollen sie schon jetzt in Köln getestet werden.

Für Bettruhestudie gesucht: Gesunde Personen mit einem durchschnittlichen Fitnesslevel

Für die NASA-Bettruhestudie sucht das DLR zwölf gesunde Frauen und Männer zwischen 24 und 55 Jahren, mit einer Größe zwischen 1,53 und 1,90 Metern und einem BMI zwischen 18 und 28 kg/m². Neben weiteren Voraussetzungen sollte eine durchschnittliche Fitness vorhanden sein. Außerdem sind gute Deutschkenntnisse erforderlich. Inklusive Vor- und Nachbereitung bleiben die Probanden für genau 88 Tage im :envihab. Alle Interessierten müssen für eine Vorauswahl zunächst einen Fragebogen ausfüllen, anschließend finden weitere Auswahlschritte statt. Ausführliche Informationen: Probanden (m/w) gesucht: Kampagne 3 Sensorimotor Countermeasure Study (SMC-Studie)

Weiterführende Links

Die luft- und raumfahrtmedizinische Forschungsanlage :envihab in Köln

Was geschieht mit dem menschlichen Körper auf einem Flug zum Mars? Wie reagiert der Körper eines Patienten, der längere Zeit das Bett hüten muss? Wie wirkt sich die Beleuchtung auf unsere Stimmung aus? Gibt es Maßnahmen gegen die daraus resultierenden negativen Folgen? Auf diese wichtigen Fragen müssen wir für uns auf der Erde eine Antwort finden, um etwa die Auswirkungen von Alterung, Bettlägerigkeit, Immobilisation und Isolation besser verstehen zu können.

Das DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin ist ein in diesem Bereich weltweit führendes Forschungsinstitut. Im :envihab („environment“ = Umwelt und „habitat“ = Lebensraum), eine einzigartige, hoch technologische medizinische Forschungseinrichtung, kann das Institut seine zukunftsweisende Forschung zum Erhalt der Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Menschen umsetzen. Hier können auf 3.500 Quadratmetern die Wirkungen extremer Umweltbedingungen auf den Menschen und mögliche Gegenmaßnahmen erforscht werden.

Kontakt

Katja Lenz

Presseredaktion
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
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Tel: +49 2203 601-5401

Friederike Wütscher

Institutsbeauftragte für Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Linder Höhe, 51147 Köln