Hightech-Augen für das luftgestützte Lagebild



Eurocommand
Seit fast 20 Jahren entwickelt die Abteilung Sicherheitsforschung und Anwendungen am DLR-Institut für Weltraumforschung hochinnovative, digitale Kamerasysteme für bemannte und unbemannte, fliegende Plattformen. Dabei ist unter dem Namen MACS (Modular Aerial Camera Systems) eine ganze Systemfamilie solcher Kameras für unterschiedliche Anwendungen entstanden. Die Kameras zeichnen sich unter anderem durch einen hohen Technologie- und Anwendungsreifegrad aus, weshalb sie seit Jahren vielfach in anspruchsvollen Missionen zur Erdbeobachtung und vor allem für Sicherheitsanwendungen weltweit im Einsatz sind. MACS-Systeme des DLR erzeugten schon 2014 das genaueste 3D-Modell des Mount Everest. Sie kartieren die globalen Veränderungsprozesse in Gletscher- und Permafrostgebiete und liefern bei Naturkatastrophen dringend benötigte Lagebilder – so zum Beispiel nach der Flut im Ahrtal oder dem Erdbeben in der Türkei.
Von der Forschung in die Anwendung
Mit dem Innovation Lab OPTSAL treibt das Institut Aktivitäten zum Technologietransfer und Wissensaustausch in der luftgestützten Lageerkundung voran und bringt so unterschiedliche Akteure an einen Tisch. Besonders in der Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Behörden liegt ein bedeutendes Potenzial – sowohl im Hinblick auf die Weiterentwicklung technischer Lösungen als auch im gezielten Aufbau und Austausch von Wissen und Erfahrungen. Die Lageerkundung bei Wald- und Vegetationsbränden ist dabei bereits seit einigen Jahren ein Kernthema in OPTSAL. Gemeinsam mit unseren Anwendungspartnern werden die luftgestützten Kamerasysteme regelmäßig erprobt – auch in Realeinsätzen. Sie liefern wertvolle Echtzeitinformationen in Gefahren- und Brandlagen. Technologische Entwicklungen zur Unterstützung bei Waldbränden sind auch ein wiederkehrendes Thema in den OPTSAL-Workshops. Dabei wird von Einsatzkräften regelmäßig der Bedarf und das große Potenzial luft- und drohnengestützter Aufklärung bei Waldbränden betont.
Entwicklung und Fortschritt Hand in Hand
Die luftgestützten Systeme ermöglichen Einsatzkräften einen entscheidenden Vorteil in der operativen Brandbekämpfung: Im Verhältnis zu Satelliten erreichen sie eine weitaus höhere Auflösung (bis zu wenigen Zentimetern) und eignen sich daher auch zur Detektion kleinerer Brandherde und sogar Glutnester. Außerdem bieten sie entscheidende Vorteile in Bezug auf Flexibilität und Agilität, da sie schnell und gezielt auf meist hochdynamische Einsatzlagen reagieren können.
Seit 2024 sind alle MACS-Systeme des DLR neben Bildsensoren im sichtbaren Bereich auch mit einem Infrarotsensor zur Wärmedetektion ausgestattet. Mit unserem kleinsten drohnengestützten Kamerasystem „MACS-nano dual“ können drohnengestützte Echtzeitlagebilder nun auch im Infrarotbereich aufgenommen werden. Die Entwicklung markiert einen wichtigen Schritt für die Zukunft der Aufklärung bei Wald- und Vegetationsbränden. Die Thermalbilder liefern wichtige Daten zur zeitlichen Entwicklung und Ausbreitung des Feuers, tragen zum Löscherfolg bei und mit modernen Bildauswertungsverfahren können sogar von oben optisch nicht sichtbare Brände unter Baumkronen und Rauchwolken detektiert werden.
Starke Partnerschaften für einen erfolgreichen Einsatz
Die Überführung in den Einsatz gelingt nur mit starken, verlässlichen Kooperationspartnern. Im Bereich der Feuerfernerkundung kooperiert das DLR bereits seit Jahren mit unterschiedlichen Akteuren: beispielsweise der Eurocommand GmbH, der Feuerwehr Duisburg sowie der Berliner Feuerwehr. Die jüngste Kooperation in diesem Bereich besteht mit der internationalen Hilfsorganisation @fire. Seit 2024 kooperiert das DLR mit der Organisation, um im Rahmen von OPTSAL bei der Erprobung von luftgestützten Kamerasystemen zur Anwendung bei Vegetationsbränden zusammenzuarbeiten.
Das Team von @fire ist spezialisiert auf Vegetationsbrandbekämpfung in besonders schwierigen Einsatzlagen. Ein Schwerpunkt ist dabei die Unterstützung aus der Luft – sei es durch Löschhubschrauber und -flugzeuge oder durch Aufklärungsmittel wie die MACS-Drohnen des DLR. Das gemeinsame Anliegen von @fire und OPTSAL: geeignete Strukturen, Methoden, Abläufe und Standards zu entwickeln und weiter zu optimieren.
Noch bevor die Kooperation mit @fire offiziell verkündet wurde, konnten wir den Einsatzmehrwert unserer Technologien bereits gemeinsam in einem Realeinsatz nachweisen. Als im September 2024 ein großes Waldgebiet nahe des UNESCO-Weltkulturerbes Wörlitzer Park in Flammen stand, wurde das OPTSAL-Team zu Hilfe gezogen. Unser drohnengestütztes Kamerasystem „MACS-nano dual“ kartierte während der Nacht die Ausbreitung der Feuer und half unentdeckte Glutnester zu finden. Die Einsatzleitung bestätigte den großen Mehrwert dieser Technologie für die Koordination der Kräfte vor Ort. Ähnlich erfolg- und hilfreich waren die Einsätze von MACS bei den Waldbränden in Berlin-Grunewald, in Lübtheen oder der Lieberoser Heide.
Damit solche Einsätze funktionieren und einen tatsächlichen Mehrwert bringen, trainiert und erprobt das OPTSAL-Team Technologien und Abläufe regelmäßig im Rahmen entsprechender Übungen. Zur Wissensvermittlung dienen darüber hinaus unterschiedliche Austauschprogramme für Partner und Anwender, wie digitale Workshops oder Präsentationen und Demonstrationen in den hochmodernen Infrastrukturen vor Ort. Zusätzlich treiben wir auch die Forschung an neuen Methoden zur optischen Aufklärung von Vegetationsbränden weiter voran. Dabei spielen zunehmend auch Verfahren der sensornahen künstlichen Intelligenz (KI) eine wichtige Rolle