7. März 2022

Sa­tel­li­ten für die Erd­be­ob­ach­tung – un­ver­zicht­ba­re Hel­fer im Kampf ge­gen den Kli­ma­wan­del

Misson Tandem-L
Missi­on Tan­dem-L
Bild 1/7, Credit: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Mission Tandem-L

Tan­dem-L ist ein Vor­schlag des DLR für ei­ne hoch­in­no­va­ti­ve Sa­tel­li­ten­mis­si­on zur glo­ba­len Be­ob­ach­tung von dy­na­mi­schen Pro­zes­sen auf der Erd­ober­flä­che in ei­ner bis­her nicht er­reich­ten Qua­li­tät und Auf­lö­sung. Auf­grund sei­ner neu­ar­ti­gen Ab­bil­dungs­tech­ni­ken und sei­ner enor­men Auf­nah­me­ka­pa­zi­tät kann Tan­dem-L drin­gend be­nö­tig­te In­for­ma­tio­nen zur Lö­sung hoch­ak­tu­el­ler wis­sen­schaft­li­cher Fra­ge­stel­lun­gen aus den Be­rei­chen der Bio-, Geo-, Kryo- und Hy­dro­sphä­re lie­fern. Tan­dem-L wür­de da­mit ent­schei­dend zu ei­nem bes­se­ren Ver­ständ­nis des Sys­tems Er­de und sei­ner Dy­na­mik bei­tra­gen.
EnMAP ist bereit für seinen Einsatz im All
Der deut­sche Um­welt­sa­tel­lit En­MAP ist be­reit für sei­nen Ein­satz im All
Bild 2/7, Credit: OHB System AG/DLR

Der deutsche Umweltsatellit EnMAP ist bereit für seinen Einsatz im All

Der deut­sche Um­welt­sa­tel­lit En­MAP (En­vi­ron­men­tal Map­ping and Ana­ly­sis Pro­gram), der im Auf­trag der Deut­schen Raum­fahr­t­agen­tur im DLR mit Mit­teln des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz (BMWK) in Deutsch­land ent­wi­ckelt und ge­baut und für sei­nen Ein­satz im All ge­tes­tet wur­de, ist be­reit für sei­nen Start.
 TanDEM-X - die neue Topographie der Erde
 Tan­DEM-X - die neue To­po­gra­phie der Er­de
Bild 3/7, Credit: DLR/EOC

 TanDEM-X - die neue Topographie der Erde

Mit der Missi­on Tan­DEM-X wird ein hoch­ge­nau­es, drei­di­men­sio­na­les Ab­bild un­se­rer Er­de in ein­heit­li­cher Qua­li­tät und bis­lang un­er­reich­ter Ge­nau­ig­keit er­stellt. Für wei­te Tei­le der Er­de exis­tie­ren der­zeit nur gro­be, un­ein­heit­li­che oder lücken­haf­te Hö­hen­mo­del­le aus un­ter­schied­li­chen Da­ten­quel­len und Er­he­bungs­me­tho­den. Tan­DEM-X schließt die­se Lücken und lie­fert ein ho­mo­ge­nes Hö­hen­mo­dell als un­ent­behr­li­che Grund­la­ge für vie­le kom­mer­zi­el­le An­wen­dun­gen und wis­sen­schaft­li­che Fra­ge­stel­lun­gen.
Globale TanDEM-X-Waldkarte
Glo­ba­le Tan­DEM-X-Wald­kar­te
Bild 4/7, Credit: DLR

Globale TanDEM-X-Waldkarte

Rund ein Drit­tel der Land­mas­se der Er­de ist heu­te von Wäl­dern be­deckt. Mit der glo­ba­len Tan­DEM-X-Wald­kar­te hat das DLR ei­nen be­son­de­ren Da­ten­satz er­stellt: Da­zu wur­den in­ter­fe­ro­me­tri­sche Da­ten ge­nutzt, die für das glo­ba­le Hö­hen­mo­dell der deut­schen Ra­dar­sa­tel­li­ten­mis­si­on Tan­DEM-X auf­ge­nom­men wur­den, und Al­go­rith­men aus dem Be­reich der künst­li­chen In­tel­li­genz zur glo­ba­len Da­ten­ver­ar­bei­tung ent­wi­ckelt. Die­se wur­den für ver­schie­de­ne Wald­ty­pen an­hand von Baum­hö­hen, Dich­te und Struk­tur op­ti­miert. Das Er­geb­nis ist ei­ne Kar­te, die bei ei­ner Auf­lö­sung von 50 Me­tern die Aus­deh­nung be­wal­de­ter Flä­chen dar­stellt.
TanDEM-X/GEDI-Karte zu Waldhöhe und -biomasse in Gabun
Tan­DEM-X/GE­DI-Kar­te zu Wald­hö­he und -bio­mas­se in Ga­bun
Bild 5/7, Credit: DLR/University of Maryland/NASA

TanDEM-X/GEDI-Karte zu Waldhöhe und -biomasse in Gabun

Mit Hil­fe der deut­schen Tan­DEM-X-Missi­on und der US-ame­ri­ka­ni­schen GE­DI-Missi­on wur­den für den zen­tral­afri­ka­ni­schen Staat Ga­bun die Wald­hö­he in Me­tern und die Wald­bio­mas­se in Ton­nen pro Hekt­ar er­mit­telt.
TanDEM-X-Bild des Elefantenfuß-Gletschers in Grönland
Tan­DEM-X-Bild des Ele­fan­ten­fuß-Glet­schers in Grön­land
Bild 6/7, Credit: DLR/EOC

TanDEM-X-Bild des Elefantenfuß-Gletschers in Grönland

Die durch den Kli­ma­wan­del be­ding­ten Ver­än­de­run­gen der Kryo­sphä­re wir­ken sich nicht nur auf die At­mo­sphä­re und die Ozea­ne aus, son­dern be­ein­flus­sen auch di­rekt die Um­welt, die Öko­lo­gie und die Wirt­schaft. Ver­än­der­te Schne­e­nie­der­schlä­ge und schwin­den­de Glet­scher­flä­chen ver­än­dern die Pla­nung der Was­serres­sour­cen und da­mit die Land­wirt­schaft und die Ar­ten­viel­falt, die Ener­gie­ver­sor­gung, den Gü­ter­trans­port auf Flüs­sen so­wie an­de­re wirt­schaft­li­che und so­zia­le Aus­wir­kun­gen. Über­all auf der Welt sind die Küs­ten­re­gio­nen durch den lo­ka­len An­stieg des Mee­res­s­pie­gels auf­grund des Mas­sen­ver­lus­tes von Glet­schern und Eis­schil­den be­droht. Die Pro­zes­se, die die Dy­na­mik und die Mas­sen­bi­lanz der ein­zel­nen Kom­po­nen­ten der Kryo­sphä­re steu­ern, sind noch nicht aus­rei­chend ver­stan­den. Mit der Missi­on Tan­dem-L wä­re es erst­mals mög­lich, die Ei­sto­po­gra­phie und Eiss­truk­tur so­wie ih­re zeit­li­che Ver­än­de­rung mit ho­her räum­li­chen Auf­lö­sung (30 m x 30 m) glo­bal zu er­fas­sen.
Abschmelzen des nordpatagonischen Eisfelds
Ab­schmel­zen des nord­pa­ta­go­ni­schen Eis­felds
Bild 7/7, Credit: DLR/EOC

Abschmelzen des nordpatagonischen Eisfelds

Hö­hen­än­de­rungs­ra­te des nörd­li­chen Eis­felds in Pa­ta­go­ni­en in Süd­ame­ri­ka im Zeit­raum 2012 bis 2016 ge­won­nen aus Tan­DEM-X-Da­ten. Schnee, Glet­scher, Eis­schil­de, Mee­reis und Per­mafrost bil­den die Kryo­sphä­re und spie­len auf­grund von Rück­kopp­lungs­me­cha­nis­men mit der At­mo­sphä­re, dem Oze­an und/oder der Li­tho­sphä­re ei­ne wich­ti­ge Rol­le für das Kli­ma­sys­tem der Er­de. Die­se Me­cha­nis­men ha­ben die Ten­denz, den Kli­ma­wan­del und den An­stieg des Mee­res­s­pie­gels zu ver­stär­ken. Al­ler­dings sind die Pro­zes­se, die die Dy­na­mik und die Mas­sen­bi­lanz der ein­zel­nen Kom­po­nen­ten der Kryo­sphä­re steu­ern, noch nicht aus­rei­chend ver­stan­den. Da­her ist die Dar­stel­lung der kryo­sphä­ri­schen Pro­zes­se ein Schwach­punkt der der­zei­ti­gen Kli­ma­mo­del­le und ein wich­ti­ger Grund für die Un­si­cher­hei­ten in den Kli­ma­pro­jek­tio­nen. Mit Tan­dem-L wird es erst­mals mög­lich sein, die Ei­sto­po­gra­phie und Eiss­truk­tur so­wie ih­re zeit­li­che Ver­än­de­rung mit ho­her räum­li­chen Auf­lö­sung (30 m x 30 m) glo­bal zu er­fas­sen.

Der neue Bericht des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) macht es deutlicher denn je: Die Weltgemeinschaft muss jetzt handeln! Wenn nicht geeignete Maßnahmen für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel ergriffen werden, dann schließe sich das Fenster der Gelegenheit, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. Bereits jetzt seien mehr als 3,3 Milliarden Menschen in hohem Maße von den Auswirkungen des Klimawandels wie Dürren, Hitzewellen oder Überschwemmungen betroffen, heißt es in dem Bericht1. Um die biologische Vielfalt zu erhalten, müssten zwischen 30 bis 50 Prozent der Ökosysteme – Land-, Süßwasser- und Meeresflächen – geschützt werden. Nur so könnten sich diese an die veränderten Bedingungen anpassen.

Satellitendaten für die Klimaforschung: Beobachten, vorhersagen, handeln

Die enorme Herausforderung besteht darin, Klimaschutzmaßnahmen zu entwickeln, die wirksam sind und die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften dabei geringstmöglich belasten. Eine Energie- und Verkehrswende sind nötig, um den Ausstoß von schädlichen Treibhausgasen erheblich zu verringern. Dies setzt ein tiefes Verständnis des Systems Erde voraus, insbesondere in Bezug auf seine Kohlenstoff­- und Energieprozesse. Satelliten zur Erdbeobachtung liefern hier die entscheidenden Daten. Sie ermöglichen es, Veränderungen unseres Planeten lückenlos zu beobachten und frühzeitig zu erkennen, wo unumkehrbare Schäden entstehen können. Sie helfen uns, das System Erde, das aus einer Vielzahl von Komponenten und Prozessen besteht, die durch komplexe Wechselwirkungen miteinander verkoppelt sind, zu verstehen.

„Mehr denn je benötigen wir die Auswertung von Klimadaten, um die Folgen des menschlichen Einflusses auf das Klima zu analysieren“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Wir werden mehr und bessere Informationen und jede Menge Wissen brauchen, darüber, wie das komplexe System Klima genau funktioniert, wie es sich weiter verändert und welche Handlungsmöglichkeiten wir haben.“

Umwelt besser erfassen mittels unterschiedlicher Satellitentechnik

Seit vielen Jahren erforscht das DLR Umweltveränderungen und den globalen Wandel mit den unterschiedlichsten Missionen. Es entwickelt modernste Big-Data-Archivierungs- und Prozessierungssysteme sowie Algorithmen zur Ableitung relevanter Parameter aus Erdbeobachtungsdaten und analysiert die Ergebnisse. Mit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program) wird voraussichtlich am 1. April 2022 der erste deutsche Hyperspektralsatellit ins All starten. Mit seinen beiden Spektrometern analysiert er die von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenstrahlung vom sichtbaren Licht bis hin zum kurzwelligen Infrarot in einer bisher nicht verfügbaren spektralen Auflösung. Daraus lassen sich präzise Aussagen über Zustand und Veränderungen der Erdoberfläche ableiten. Dies ermöglicht die Beantwortung aktueller Fragen aus den Bereichen Umwelt und naturnahe Ökosysteme, Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung, Wasserwirtschaft und -Güte sowie Mineralogie und Geologie in verschiedenen Maßstabsebenen.

Die Daten von EnMAP werden helfen, vielfältige Anwendungen im Bereich Umweltplanung und Ressourcenbewirtschaftung zu entwickeln. Sie können beispielsweise als Entscheidungsgrundlage für die optimale Bewirtschaftung von Ackerflächen dienen und helfen, die Nährstoff- und Wasserversorgung der Pflanzen zu bestimmen sowie Bodeneigenschaften zu quantifizieren.

Tandem-L: Das globale Klima­ und Umweltbeobachtungssystem für morgen

Solche Beobachtungssysteme sind ebenso unverzichtbar, wenn es darum geht, die Wirksamkeit und die Einhaltung von Klimaschutzmaßnahmen zu verifizieren. „Das Klimamonitoring - und damit auch die Überprüfung, ob die politischen Maßnahmen greifen – ist eine globale Aufgabe, die nur mit Satellitenbeobachtungen zu bewältigen ist. Radarsatelliten nehmen dabei eine besondere Rolle ein, denn nur sie ermöglichen eine globale, räumlich hochauflösende und großflächige Abbildung der Erdoberfläche unabhängig von den Wetterbedingungen und vom Tageslicht. Keine andere Sensortechnologie im Weltall hat diese Fähigkeit“, so Prof. Dr.-Ing. Alberto Moreira, Direktor des Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Radarsatelliten sind dafür prädestiniert, Geoinformationen schnell, präzise, global und zuverlässig zu liefern.

Seit 2012 arbeitet das DLR an der nächsten Generation von Radarsatelliten für Klimaforschung und Umweltbeobachtung mit dem Ziel, dringend benötigte Informationen zur Lösung hochaktueller Fragestellungen zu liefern. Mit der Mission Tandem-L, ein Vorschlag des DLR für eine hochinnovative Radarsatellitenmission, könnte Deutschland ein Instrument zur objektiven Erfassung unserer Umwelt und Beobachtung von Umweltveränderungen international bereitstellen. Mit ihr wäre die Erfassung einer Vielzahl dynamischer Prozesse in der Bio-, Geo-, Kryo- sowie Hydrosphäre in einer bisher nicht erreichten Qualität und Auflösung möglich. Tandem-L könnte im Wochenrhythmus eine aktuelle Abbildung der gesamten Landmasse der Erde in 3D liefern. Ebenso wäre es mit der Mission möglich, sieben sogenannte essenzielle Klimavariablen im Rahmen dieser Satellitenmission gleichzeitig zu messen. Tandem-L würde somit maßgeblich zum besseren Verständnis von Prozessen beitragen, die heute als Treiber der lokalen und globalen Klimaänderung gesehen werden.

Die gewonnenen Informationen könnten Politik und Gesellschaft befähigen, die bestmöglichen Handlungsentscheidungen zu treffen – auf lokaler, regionaler wie auch globaler Ebene.


1 Am 28. Februar 2022 wurde der zweite Band des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts „Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit“ über die Folgen des Klimawandels veröffentlicht.

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