6. Mai 2022 | Direct Return für ESA-Astronaut Matthias Maurer

Von der ISS ins :envihab in Köln

  • Im raumfahrtmedizinischen Forschungszentrum des DLR gewöhnt sich Matthias Maurer wieder an die Schwerkraft auf der Erde.
  • Tests befassen sich mit den Auswirkungen der Weltraumbedingungen auf den Menschen und möglichen Gegenmaßnahmen.
  • Die wissenschaftlichen Erkenntnisse werden mit internationalen Raumfahrt-Partnern geteilt.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Medizin, Materialforschung, Cosmic Kiss

Nach seiner Landung vor der Küste Floridas reist ESA-Astronaut Matthias Maurer auf direktem Weg nach Köln, um die Experimente seiner Cosmic Kiss-Mission fortzusetzen und sich von seinem Weltraumaufenthalt zu erholen. Vom Flughafen Köln/Bonn fährt er ins nahe gelegene :envihab am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dort wird er in den nächsten Tagen von einem Team aus DLR und EAC (Europäisches Astronautenzentrum) betreut.

„Während des sogenannten Direct Return wird Matthias Maurer eine Reihe medizinischer Tests durchlaufen. Die meisten davon fanden auch schon vor seinem Aufenthalt auf der Internationalen Raumstation ISS entweder als Teil der Routine-Untersuchungen oder als Teil von Forschungsprojekten statt. Sie umfassen ein breites Spektrum medizinischer und psychologischer Daten", sagt Prof. Jens Jordan, Leiter des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln. Die Daten werden von der ESA sowie deren internationalen Partnern wie NASA, der kanadischen Raumfahrtagentur CSA und dem DLR benötigt. Matthias Maurer absolviert die Untersuchungen in den nächsten zwei Wochen im :envihab und dem EAC. Anschließend finden weitere Test am Johnson Space Center in Houston (Texas, USA) statt.

Video: Dr. Melanie von der Wiesche zum Alltag von Matthias Maurer im Kölner :envihab
Dr. Melanie von der Wiesche, zuständig für die Unterbringung von Matthias Maurer, erläutert dessen Alltag nach der Ankunft in Köln. Im Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin wird er sich einigen Untersuchungen und Tests unterziehen.

Gleichgewicht, Fitness und Leistungsfähigkeit im Fokus

„Untersuchungen werden wiederholt und mit früheren Ergebnissen verglichen: Ein Schwerpunkt sind sensomotorische Messungen, mit denen wir zum Beispiel die Auswirkungen der Raumfahrt auf die Funktion des Gleichgewichtorgans untersuchen. Die körperliche Fitness wird anhand von Muskelkraft- und Fahrrad-Ergometrie ermittelt, um die Wirksamkeit der aktuellen Trainingsmaßnahmen auf der Raumstation zu überprüfen", erklärt Edwin Mulder, DLR-Projektleiter der wissenschaftlichen Untersuchungen des Direct Return von Matthias Maurer. Auch Schlaf und kognitive Leistungsfähigkeit werden detailliert bewertet. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen befassen sich zum Beispiel mit der Alterung von Blutgefäßen, der Regulation des Wärmehaushalts im Körper, der Wirkung von Weltraumbedingungen auf das Gehirn sowie der Auswirkung der Weltraumstrahlung auf den Menschen.

Drei Experimente des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin

Matthias Maurer hat auf der ISS auch drei Experimente des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin durchgeführt. Beim Technologieexperiment Retinal Diagnostics untersuchte er mit Hilfe einer kleinen leichten Linse, die mit einem Tablet verbunden ist, die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf die Augengesundheit: „Bei etwa zwei Dritteln der Astronautinnen und Astronauten kommt es zu einer Veränderung an den Augen. Dieses sogenannte Spaceflight-Associated Neuro-Ocular Syndrome (SANS) ist ein wichtiges medizinisches Risiko bei längeren Weltraummissionen", sagt Dr. Claudia Stern, Augenärztin und Abteilungsleiterin Klinische Luft- und Raumfahrtmedizin. Mit dem Experiment Retinal Diagnostics werden Grundlagen für eine frühzeitige Diagnose und den gezielten Einsatz von Gegenmaßnahmen gelegt, die am :envihab in Zusammenarbeit von DLR und NASA entwickelt werden.

Für das Experiment DOSIS 3D MINI hat Matthias Maurer an zehn verschiedenen Stellen der Raumstation Sensoren angebracht, die Strahlungsbelastungen genau erfassen. Ziel dieses Langzeitexperiments ist es, die Strahlungsverteilung im Columbus-Modul in Abhängigkeit von der Flughöhe der Raumstation und der Sonnenaktivität zu bestimmen.

Außerdem hat Matthias Maurer mit dem Experiment Touching Surfaces neuartige Oberflächen auf antimikrobielle Wirksamkeit unter Weltraumbedingungen untersucht. Denn Langzeitaufenthalte in einer Raumstation führen dazu, dass sich aus den mitgebrachten Mikroorganismen eine eigene Mikroflora entwickelt. Sie kann die Gesundheit der Menschen an Bord beeinträchtigen und Materialien schädigen, zum Beispiel wenn sich ein Biofilm bildet. Matthias Maurer berührte regelmäßig verschiedene Oberflächen mit seinen Fingern, um die Anhaftung von Mikroorganismen auf unterschiedlichen technischen Materialien und Strukturen zu erforschen.

Direct Return:

Die Betreuung europäischer Astronauten und Astronautinnen unmittelbar nach ihrer Landung ist noch relativ neu. Alexander Gerst war im November 2014 der erste ESA-Astronaut, der nach seiner Mission direkt nach Köln zurückkehren konnte. Bis dahin wurden alle westeuropäischen Raumfahrerinnen und Raumfahrer bei der NASA in den USA und in Russland untersucht. Die medizinischen Daten werden weltweit nach identischen Standards erhoben, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen. Das Ziel ist es, bessere Informationen über die Auswirkung der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper zu erhalten. Auf dieser Grundlage werden Gegenmaßnahmen für die negativen Effekte der Schwerelosigkeit entwickelt.

Das hochspezialisierte medizinische und wissenschaftliche Team wird Matthias Maurer in den kommenden zwei Wochen rund um die Uhr betreuen und Untersuchungen im Auftrag der ESA, NASA und anderen Weltraumagenturen durchführen. Matthias Maurers Direct Return ist der achte Aufenthalt europäischer Astronauten in :envihab: Vor ihm haben sich der Franzose Thomas Pesquet (2021 und 2017), der Italiener Luca Parmitano (2020), der Deutsche Alexander Gerst (2018 und 2014), der Brite Timothy Peake (2016) und der Däne Andreas Mogensen (2015) hier wieder an die Bedingungen auf der Erde angepasst.

Verwandte Links

Verwandte Nachrichten

Kontakt

Katja Lenz

Presseredaktion
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-5401

Friederike Wütscher

Institutsbeauftragte für Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Linder Höhe, 51147 Köln