30. November 2022 | Frachtdrohne umfliegt Rettungshubschrauber

Zusammenspiel unbemannter und bemannter Luftfahrzeuge in Cochstedt getestet

  • Für den Betrieb einer Vielzahl unbemannter Luftfahrzeuge wird zukünftig ein hochgradig automatisiertes System benötigt, dass die klassische Flugsicherung ergänzt.
  • Bei den Flugversuchen in Cochstedt wird jeweils ein Lufttaxi-Szenario für die Verbindung Innenstadt - Großflughafen für die Metropolregionen London und Frankfurt am Main erprobt.
  • Im Fokus der Versuche stehen Manöver zur kurzfristigen Konfliktvermeidung im Flug.
  • Schwerpunkte: Luftfahrt, unbemanntes Fliegen

Drohnen und Drohnentechnologien werden unseren Alltag verändern. Von Lieferdrohen bis hin zu Flugtaxis könnten sie bald häufiger am Himmel präsent sein. Damit Drohnenflüge in den nächsten Jahrzehnten Routine werden, braucht es klar definierte Regularien, festgelegte Flugkorridore und ein sicheres Flugverkehrsmanagement für die neuen Luftraumteilnehmer. Denn der klassische Luftverkehr und die zukünftigen unbemannten Fluggeräte müssen reibungslos und zuverlässig nebeneinander sicher betrieben werden. Um ein praxisnahes Verkehrsmanagement für den unbemannten Luftverkehr zu entwerfen und zu testen, sind Flugversuche essentiell. Eine Großdemonstration fand nun im Rahmen des EU-Projekts CORUS-XUAM statt. Erstmals flog die „VoloDrone“ von Volocopter am Nationalen Erprobungszentrum für unbemannte Luftfahrtsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Am Flughafen Magdeburg-Cochstedt standen Ausweichprozeduren bei unerwarteten Konfliktsituationen im Mittelpunkt. Zwei Szenarien für die urbanen Räume in London und Frankfurt am Main wurden erprobt. Am 30. November 2022 präsentierte das multinational kooperierenden Forschungsteam von DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, DLR, DroniqNATS und Volocopter die Flugversuche der geladenen Öffentlichkeit.

„Das nationale Drohnentestzentrum des DLR in Cochstedt ist ein einmaliges Reallabor zur Erprobung aller mit dem Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen im Zusammenhang stehenden Technologien. Um die Integration des unbemannten Luftverkehrs in den regulären Flugbetrieb zu erproben, stellen wir unseren Kunden und Partnern aus Forschung, Wirtschaft sowie Behörden umfangreiche Testmöglichkeiten für neue Luftverkehrskonzepte zur Verfügung“, sagt die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla. „Multinationale Forschungsprojekte wie CORUS-XUAM bringen entscheidende Stakeholder zusammen. Gemeinsam arbeiten wir daran, ein zukunftsfähiges Luftverkehrsmanagement für unbemannte Fluggeräte mit der Vision des U-Space zu etablieren. Damit etablieren wir die internationale Vorreiterrolle Deutschlands und Europas für diese neuen Luftfahrttechnologien. Flugversuche und die dafür in Cochstedt geschaffenen Rahmenbedingungen sind dafür ein wichtiger Schritt.“

Bislang basiert die klassische Flugsicherung neben einem umfangreichen Regelwerk für den klassischen Flugverkehr größtenteils auf dem Funkkontakt zwischen Piloten und Fluglotsen. Für den Betrieb einer Vielzahl unbemannter Luftfahrzeuge wird zukünftig ein hochgradig automatisiertes System benötigt, dass die klassische Flugsicherung ergänzt. Dazu wird aktuell EU-weit das Konzept des U-Space erarbeitet. Drohnenflüge sollen künftig vom Start über den aktiven Flug bis hin zur Landung über einen U-Space gemanagten Luftraum operieren.

Automatisierte Flugführung mit Ausweichprozeduren

Bei den Flugversuchen in Cochstedt wird jeweils ein Lufttaxi-Szenario für die Verbindung Innenstadt –w Großflughafen für die Metropolregionen London und Frankfurt am Main erprobt. In den Szenarien erfolgten die Fluganfrage, die Flugplanung sowie die Flugdurchführung vom Start bis zur Landung vollständig über digitale Schnittstellen der Stakeholder. Dabei gestaltete sich der simulierte Ablauf wie folgt: Nach Zuweisung eines verfügbaren Vehikels sendet der Betreiber eine Auswahl möglicher Flugrouten zur Prüfung an das U-Space-Luftverkehrsmanagementsystem. Bei der Prüfung wird der vollständige aktuelle Flugverkehr (IFR, VFR, UAS) berücksichtigt und eine sichere, konfliktfreie Route mit Hilfe des U-Space-Services „Conflict detection and resolution“ identifiziert. Diese wird an den Flugtaxi-Betreiber zurückgespielt, der nun die ihm vorgegebene Route nach Plan abfliegt. Im Falle einer unvorhergesehenen Störung der Route durch andere Verkehrsteilnehmer wird die ausgewählte Route für das Lufttaxi über die digitale Schnittstelle aktualisiert und der Flug umgeleitet. Die Lotsen der Flugsicherung für den bemannten Flugverkehr bekommen das Flugtaxi auf dem Radar angezeigt, ohne dieses aktiv managen zu müssen. Ihre einmalige Freigabe für eine angefragte Flugtaxi-Route genügt.

„Wir übernehmen bei den CORUS-XUAM-Flugversuchen in Cochstedt im Detail die Bereitstellung eines U-Space-Dienstes, der sowohl in der Planungsphase als auch während des aktiven Fluges Routenkonflikte eines Flugtaxis erkennen und auflösen kann“, erklärt Karolin Schweiger vom DLR-Institut für Flugführung. „Dadurch wird sichergestellt, dass das Flugtaxi auch während es in der Luft ist, sicher mit spontan aufkommenden und unvorhersehbaren Verkehrsteilnehmern wie Rettungshubschraubern interagieren kann.“

Fallbeispiel Rettungsflüge

Auf dem Drohnentestgelände in Cochstedt war konkret zu sehen, wie die VoloDrone im Maßstab verkleinerte Routen abfliegt. Für das Szenario „Frankfurt am Main“ war das die nachgestellte Strecke zwischen der Messe Frankfurt und dem Flughafen Frankfurt. Für das Szenario London war dies eine potentielle Strecke zwischen London City Airport und Heathrow Airport. Für beide Szenarien wurden geeignete Positionen für Vertiports, den Start- und Landeplätzen zukünftiger Lufttaxis, festgelegt. Ein besonderers Fokus lag bei den Flugversuchen auf der Erprobung von Manövern, die auch kurzfristig helfen, Konflikte zu vermeiden. Beispielhaft sind hier Rettungsflüge, die Vorrang bekommen. Dies wurde in den Flugversuchen anschaulich mit einem Rettungshubschrauber des ADAC nachgestellt. Im „Frankfurt“-Szenario passte die VoloDrone automatisiert ihren Flugpfad an, um dem Rettungshubschrauber auszuweichen. Im „London“-Szenario erprobten die Forschungsteams, wie die Verringerung der Geschwindigkeit der VoloDrone genutzt werden könnte, um den Abstand zum regulären Flugverkehr aufrechtzuerhalten oder um mehr Zeit für die Durchführung von Bodenoperationen zur Vorbereitung der Ankunft am Zielflughafen zu gewinnen. Die in den Flugversuchen erstmals in Cochstedt eingesetzte VoloDrone wird von Volocopter entwickelt, um zukünftig vollelektrisch bis zu 200 Kilogramm Fracht in bis zu 40 Kilometer Entfernung per Flug zu liefern.

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Das EU-Forschungsprojekt CORUS-XUAM

Insgesamt sind die Flugversuche in Cochstedt eingebunden in eine ganze Reihe von Großdemonstrationen im Rahmen des EU-Projekts CORUS-XUAM (Concept of operations for European UTM systems – Extension for urban air mobility). Zuvor fanden Flugversuche in Spanien, Italien, Frankreich, Schweden und Belgien statt, um Erfahrungen mit der Integration unbemannter Luftfahrzeuge in verschiedenen urbanen Gebieten zu sammeln. Die Ergebnisse fließen in die weitere Entwicklung des europäischen U-Space Betriebskonzepts (CONOPS) ein. Etablierte Standards und Regularien für den unbemannten Luftverkehr sind dringend notwendig, damit die Branche das große prognostizierte Entwicklungspotential entfalten kann. Die Forschungsarbeiten im Projekt CORUS-XUAM werden im EU-Forschungsprogramm SESAR unter der Nummer 101017682 gefördert.

Kontakt

Falk Dambowsky

Leitung Media Relations, Presseredaktion
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-3959

Karolin Schweiger

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Flugführung
Lilienthalplatz 7, 38108 Braunschweig