31. März 2023 | Solarthermische Kraftwerke in Südeuropa

Be­such zeigt lau­fen­de DLR-For­schung und in­dus­tri­el­le so­lar­ther­mi­sche Kraft­werks­tech­no­lo­gi­en

  • DLR-Vorstand besucht solarthermische Testanlagen in Spanien.
  • Langjährige Zusammenarbeit der DLR-Energieforschung mit Forschungseinrichtungen und Universitäten in Spanien und Portugal.
  • In den sonnenreichen Regionen werden neue Technologien unter reellen Bedingungen getestet und weiterentwickelt.
  • Schwerpunkte: Energieforschung, solarthermische Kraftwerkstechnologien

Die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla besucht vom 28. bis 31. März 2023 verschiedene Testanlagen auf der Iberischen Halbinsel, an denen mit DLR-Beteiligung neue Technologien für günstigeren Solarstrom und -wärme erforscht werden. Stationen sind die größte europäische Testanlage für solarthermische Technologien Plataforma Solar de Almería/Spanien, die solarthermischen Kraftwerke Andasol und Gemasolar, sowie die Parabolrinnen-Testanlage Évora Molten Salt Platform (EMSP) in Évora/Portugal. Die Stationen zeigen den Weg von der Forschung in die Anwendung, zu dem das DLR mit seinem Engagement in der Technologieentwicklung für solarthermische Kraftwerke maßgeblich beigetragen hat.

„Die Forschung des DLR auf CIEMATs Plataforma Solar de Almería mit zahlreichen Industriepartnern hatte und hat einen großen Anteil an der erfolgreichen Entwicklung der kommerziellen solarthermischen Kraftwerkstechnologie. In Spanien tragen Solarkraftwerke mit Wärmespeichern seit mehr als fünfzehn Jahren zur Versorgungssicherheit bei“, betont die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla während ihres Besuches. „Seit 2021 liefert die solarthermische Parabolrinnen-Testanlage im portugiesischen Évora neue Erkenntnisse. Gemeinsam mit unseren Partnern in Spanien und Portugal setzen wir uns dafür ein, solarthermische Kraftwerkstechnologien zukünftig noch effizienter und kostengünstiger in die breite Anwendung zu bringen.“

Almeria – Europäische Keimzelle für solare Kraftwerkstechnologien

Die Plataforma Solar de Almería (PSA) hatte bei der europäischen Markteinführung von solarthermischen Kraftwerken eine Schlüsselrolle, insbesondere in Spanien. Viele der Innovationen der neuen Kraftwerke wurden auf der PSA entwickelt und getestet. Erste Forschungsarbeiten begannen bereits mit dem Probebetrieb des europäischen Testzentrums ab 1981 unter der Projektleitung des DLR. Bis heute arbeiten Forschende des DLR-Instituts für Solarforschung im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit dem spanischen Forschungszentrum CIEMAT auf der PSA. Dort stehen unterschiedliche Prüfstände und Testanlagen zur Verfügung, die entsprechend den Marktanforderungen und Bedürfnissen der Industrie- und Forschungspartner weiterentwickelt oder neu aufgebaut werden.

Aktuelle Forschungsprojekte des DLR in Almería befassen sich mit der Qualitätsprüfung von Komponenten, mit meteorologischen Messungen für Solarkraftwerke insbesondere im Hinblick auf den Einfluss von Wüstenbedingungen, sowie mit der solarthermischen Erzeugung von Wasserstoff. Aus dem DLR-Team in Almería sind die beiden Ausgründungen CSP Services GmbH und Volateq GmbH hervorgegangen. Sie vermarkten im DLR entwickelte optische und thermische Messtechnik und entwickeln diese weiter. Fast alle solarthermischen Kraftwerke setzen heute den Parabolrinnenkollektor Eurotrough ein, der in einem europäischen Verbundprojekt unter Mitwirkung des DLR in Almería entwickelt wurde.

Andasol – Europas erstes kommerzielles Solarkraftwerk

Das Parabolrinnenkraftwerk Andasol 1 ging 2008 als das erste solarthermische Kraftwerk Europas ans Netz, Andasol 2 und 3 folgten 2009 und 2011. Bis heute ist die Anlage in der Provinz Granada im Norden der Sierra Nevada der größte solarthermische Kraftwerkkomplex in Europa.

DLR-Forscherinnen und Forscher waren an der Entwicklung des Kollektors (Eurotrough) sowie an der Standortsuche, dem Aufbau und der Inbetriebnahme des Kraftwerks Andasol 3 beteiligt. Seitdem unterstützt das DLR bei der Entwicklung von Messsystemen und der Auswertung von Messdaten. Aktuell arbeitet das DLR dabei mit der DLR-Ausgründung Volateq zusammen. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Messdaten und Drohnenaufnahmen von Spiegelfeldern solarthermischer Kraftwerke und von Fotovolaikanlagen mit Hilfe von digitalen Zwillingen zu analysieren.

Eigentümer von Andasol 3 ist die spanische Gesellschaft Marquesado Solar S.L., an der die Stadtwerke München, die RWE Innogy GmbH und die Rheinenergie AG als Hauptgesellschafter direkt beteiligt sind. Das 500.000 Quadratmeter große Solarfeld von Andasol 3 besteht aus 210.000 Parabolspiegeln und 22.000 Absorberrohren. An das Kraftwerk ist ein thermischer Speicher angeschlossen, der in seinen insgesamt 29.000 Tonnen Salz die Wärme stundenlang vorhalten kann. Das solarthermische Kraftwerk erzeugt in durchschnittlich 3.700 Betriebsstunden pro Jahr rund 165 Gigawattstunden Strom.

Gemasolar – Erstes Solarturmkraftwerk mit Wärmespeicher

Das solarthermische Kraftwerk Gemasolar ist weltweit das erste Solarturmkraftwerk mit angeschlossenem thermischem Speicher. Damit kann es 15 Stunden lang ohne vorhandene Sonneneinstrahlung Solarstrom produzieren.

Auf einer Fläche von 195 Hektar stehen 2.650 Heliostaten in konzentrischen Kreisen um den 140 Meter hohen Solarturm. Jeder der Spiegel hat eine Fläche von 120 Quadratmetern und reflektiert damit das auftreffende Sonnenlicht zum Strahlungsempfänger an der Spitze des Solarturms. Dort erhitzt das konzentrierte Sonnenlicht Salz auf bis zu 500 Grad Celsius. Das heiße Salz wird an einen Wärmetauscher weitergeleitet, der in einem Dampferzeuger Wasser erhitzt. Der so entstehende Wasserdampf treibt eine Turbine zur Stromerzeugung an.

Gemasolar liefert mit rund 20 Megawatt Leistung und einer jährlichen Betriebsdauer von bis zu 6.450 Stunden bis zu 80 Gigawattstunden Strom pro Jahr. Die Anlage ist seit Mai 2011 in Betrieb und gehört seit 2020 zum europäischen Energieunternehmen Q-Energy.

Évora – Forschung für Innovationen in solarthermischen Kraftwerken

Im portugiesischen Évora betreiben das DLR und die Universität Évora seit Oktober 2021 eine solarthermische Testanlage – die Évora Molten Salt Platform (EMSP). Verschiedene Versuchsaufbauten ermöglichen hier die Erprobung von Salzschmelze als Wärmeträgermedium in Solarkraftwerken, von wichtigen Solarfeldkomponenten, bis hin zu Regelungskonzepten für Solarkraftwerke. Eigentümerin der Anlage ist die Universität Évora.

Das Solarfeld der EMSP hat eine Gesamtleistung von 3,5 Megawatt. Seine vier hintereinander geschalteten Parabolrinnenkollektoren bilden einen sogenannten Kollektor-Loop, das kleinste Grundelement einer kommerziellen Anlage. Für den Transfer der Technologie in ein kommerzielles Kraftwerk könnten 50 bis 100 solcher Kollektorschleifen miteinander verbunden werden.

Forscherinnen und Forscher aus dem DLR und der Universität Évora haben die Anlage im Jahr 2021 mit 90 Tonnen Salz des Industriepartners YARA befüllt und anschließend in über 5.000 Betriebsstunden bei bis zu 500 Grad Celsius betrieben. Derzeit läuft die Inbetriebnahme mit einer anderen Salzmischung bei Temperaturen von bis zu 565 Grad Celsius. Darüber hinaus wurde im März 2023 der weltweit erste Betrieb der sogenannten „HelioTrough® 2.0“-Parabolrinnenkollektoren des Projektpartners TSK-Flagsol mit Solar Salt erfolgreich abgeschlossen. Diese zeichnen sich insbesondere durch eine um ein Drittel größere Kollektorlänge, einen höheren Konzentrationsfaktor sowie eine verbesserte Nachführgenauigkeit aus.

Das DLR und die Universität Évora wollen hier zukünftig gemeinsam mit der Industrie weitere Innovationen für solarthermische Kraftwerke erproben. Dazu gehören beispielsweise die Hybridisierung solarthermischer Kraftwerke mit Photovoltaik-Anlagen, Power-to-Heat-Konzepte sowie eine umfassende Digitalisierung der Technologie.

Kontakt

Michel Winand

Kommunikation Köln, Bonn, Jülich, Aachen, Rheinbach und Sankt Augustin
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-2144

Elke Reuschenbach

Institutskommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Solarforschung
Linder Höhe, 51147 Köln