Klein ist das neue Groß

Als im Jahr 1958 mit Sputnik der erste Satellit in die Umlaufbahn gebracht wurde, begann ein neues Zeitalter der Raumfahrt. Seither sind ihm tausende weiterer Orbiter und Sonden nachgefolgt. Bis vor ein paar Jahren waren es vor allem Großsatelliten, die den Weg ins All antraten – manche von ihnen mehrere Tonnen schwer und mit dem Volumen eines Kleintransporters. So besaß etwa der Erdbeobachtungssatellit Envisat bei seinem Start im März eine Masse von 8.211 Kilogramm und einer Größe von 10,5 x 4 x 4 Metern.

Kontinuierliche Technologieforschung hat inzwischen dazu geführt, dass Bauteile und Komponenten für die Raumfahrt immer effizienter gestaltet werden können. Damit ergibt sich die Möglichkeit, Satellitensysteme wie wissenschaftliche Instrumente, Kontrollsysteme und Stromversorgung zu miniaturisieren.

Kleine Satelliten: auch für kleinere Budgets erschwinglich

Das Ergebnis sind Kleinsatelliten, wie die PocketCubes mit fünf Zentimetern Kantenlänge oder die zehn Zentimeter großen CubeSat-Würfel. Entscheidend, um in die Kategorie „Kleinsatelliten“ zu fallen, ist aber das Gewicht: 500 Kilogramm sind hier die obere Grenze. Kleinsatelliten haben viele Vorteile: Sie können kostengünstig, schnell und in Serie produziert werden. Ihre kompakte Größe und ihr geringes Startgewicht sind beim Transport ins Weltall ebenfalls von Vorteil. Die vergleichsweise geringen Kosten und der schnelle Zugang zum All machen die Kleinen zudem attraktiv für Forschungseinrichtungen und Universitäten und ermöglichen eine zeitnahe On-Orbit-Erprobung von neuen Raumfahrttechnologien. So wollen auch wir im DLR mit dem CubeSat CAPTn-1 ab dem Jahr 2026 neue Weltraumtechnologien im All testen. Rund zwei Jahre lang soll der Satellit dabei die Erde umkreisen.

Klein ergänzt Groß

Eingesetzt werden können Kleinsatelliten aber auch in allen anderen klassischen Aufgabengebieten der Raumfahrt: Sie bringen beispielsweise Kommunikations- und Internetverbindungen in abgelegene Regionen, beobachten die Oberfläche und das Klima der Erde. Und bei Explorationsmissionen können sie den Hauptsatelliten als Subsysteme ergänzen.

So wird die europäische Hera-Mission, die im Oktober 2024 zum Doppelasteroiden Didymos und Dimorphos aufgebrochen ist, von den Kleinsatelliten Juventas und Milani begleitet. Um herausfinden, wie die Abwehr von Asteroiden gelingen kann, untersucht Hera unter anderem einen Einschlagskrater auf Dimorphos, der dort durch eine kontrollierte Kollision mit der NASA-Sonde DART erzeugt wurde. Während der Großsatellit Hera das Herzstück der Mission ist und den Hauptteil der wissenschaftlichen Instrumente trägt, werden die Kleinsatelliten für risikoreichere Manöver, wie die Landung auf dem Asteroiden, eingesetzt.

Autonomes Fahren und Precision Farming: neue Aufgaben für Kleinsatelliten

Neben den klassischen Raumfahrtanwendungen eröffnen Kleinsatelliten auch ganz neue technologische Möglichkeiten, etwa in den Bereichen Sicherheit, Verkehr und Erdbeobachtung. Im Gegensatz zu größeren Satelliten bieten Kleinsatelliten den Vorteil, dass man eine Vielzahl von Kleinsatelliten als Schwarm für eine Anwendung im Weltall einsetzen kann und somit in kürzeren Zeitabständen Analysen erfolgen können. So können Schwärme an Kleinsatelliten innerhalb einer Stunde bestimmte Regionen erneut überfliegen, während ein einzelner Satellit frühestens am darauffolgenden Tag dieselbe Region überfliegt.

Im Verkehrsbereich können Flotten von Kleinsatelliten neue Technologien wie das autonome vernetzte Fahren unterstützen. Die niedrigen Umlaufbahnen der Kleinsatelliten im Low Earth Orbit (LEO) garantieren kurze Signalwege und damit schnelle Zugriffszeiten, die Schwarmtechnologie sorgt für eine flächendeckende Abdeckung mit Positionssignalen. Anhand dieser Signale erfolgen die Navigation, Steuerung und Kontrolle des Fahrzeugs. Die Signale der Satelliten sind dabei sehr präzise und zeigen nicht nur die Position im Stadtplan an, sondern auch die jeweilige Fahrspur sowie den Abstand zu Straßenrand und anderen Fahrzeugen.

Die Landwirtschaft steht unter dem immensen Druck, mit weniger Ressourcen mehr zu produzieren. Durch die Bereitstellung hochauflösender Echtzeit-Temperaturdaten durch Kleinsatelliten mit Infrarotsensoren kann das Unternehmen ConstellR zum Beispiel den Wasserverbrauch und die Wasserverteilung auf dem Feld analysieren. So können Landwirtinnen und Landwirte fundierte Entscheidung treffen, um ihre Aussaat, Ernten und den Einsatz von Ressourcen wie Wasser oder Dünger zu optimieren. Die thermischen Informationen bieten zudem ein ganzheitliches Bild der Boden- und Pflanzengesundheit und ermöglichen genaue Ertragsvorhersagen, Wasseroptimierung und Rentabilität der Ernte.

Auch die Überwachung von Fluss- und Seeoberflächen lässt sich durch die Thermal-Infrarot-Messungen der Kleinsatelliten von ConstellR verbessern. Temperaturveränderungen in Gewässern können auf erhöhte Abflussmengen, Zuflüsse oder Umverteilungen im Einzugsgebiet hinweisen. In Kombination mit optischen und Radardaten lassen sich so überflutete Flächen oder sich ausbreitende Gewässer frühzeitig erkennen.

Die Entwicklung des Satelliten „Sky-Bee-1“ der Firma ConstellR sowie des Satelliten „FOREST-3“ der Firma OroraTech wurde im Rahmen des Programms „InCubed“ der Europäischen Weltraumorganisation ESA unterstützt. Die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) koordiniert die Fördermittel des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) für das Programm.

Kleinsatelliten im Einsatz bei Waldbränden und Cyberangriffen

Die Waldbranddetektion ist ein weiters Einsatzgebiet für Kleinsatelliten. Großsatelliten wie die Sentinels des europäischen Copernicus-Erdbeobachtungsprogramms überfliegen höchstens einmal am Tag eine bestimmte Region. Die im Aufbau befindliche Satelliten-Flotte des Start-ups OroraTech wird hingegen nach ihrer Fertigstellung täglich fünf Überflüge leisten können. Ihre FOREST-Satelliten (Forest Observation and Recognition Experimental Smallsat Thermal Detector) sind mit einer Wärmebild-Infrarotkamera ausgestattet und sollen es ermöglichen, Brände früh zu detektieren und gezielt zu bekämpfen. Wir im DLR haben zu dem System KI-gestützte Analyseverfahren beigesteuert.

Neue Einsatzmöglichkeiten für Kleinsatelliten ergeben sich auch bei sicherheitsrelevanten Aufgaben im zivilen und militärischen Bereich. So könnten Megakonstellationen zukünftig die Sicherheit der Energienetze in Deutschland sicherstellen: Im Zuge der hybriden Kriegsführung sind Angriffsziele wie unsere Energieversorgung stark in den Fokus gerückt. Diese ist in Deutschland durch sogenannte redundante Netze gesichert, aber auch diese können ausgeschaltet werden. Dann wären CubeSat-Schwärme in der Lage, die Kommunikation der Energiesysteme sicherzustellen und so Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen, aber auch durch Updates die Sicherheit zu erhöhen.

Im Bereich der militärischen Kommunikation strebt Europa die Unabhängigkeit von Dienstleistern wie der Starlink-Flotte der U.S.-amerikanischen Firma SpaceX an. Im Kriegs- und Krisenfall ist es wichtig, dass die europäische Souveränität gewährleistet ist. Geplant ist daher, die satellitengestützten europäischen Kommunikationssysteme in Form von Kleinsatelliten-Konstellationen in den nächsten Jahren massiv auszubauen.

Von Sputnik bis zu den Kleinsatellitenschwärmen der neuesten Generation war es ein weiter Weg. Inzwischen sind weltraumgestützte Anwendungen aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Mit der Möglichkeit, durch Kleinsatelliten neue Technologien zeitnah und kostengünstig im All zu testen, können neue Entwicklungen nun noch schneller stattfinden.

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Diana Velden

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