Effiziente, nachhaltige, günstige und flexible Plattformen im All

Kleine Multitalente – Einsatz für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft

Kleinsatelliten eröffnen neue Möglichkeiten für diverse Disziplinen wie etwa die Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft, die Kommunikation, unsere Sicherheit oder auch die globale Klima- und Umweltbeobachtung. Schnell verfügbar, flexibel einsetzbar und äußerst kosteneffizient ergänzen sie die Infrastruktur im All. Wir im DLR setzen verstärkt auf die smarten „Orbitalhelfer“. Wir nutzen einerseits ihre Vorteile als Plattformen für unsere ingenieurswissenschaftliche Forschung und treiben andererseits auch ihre technologische Entwicklung weiter voran.

Miniaturisierungen für maximale Autonomie und minimalen Ressourcenverbrauch

Statt jahrelanger Entwicklungszeiten am Boden stellen Kleinsatelliten eine agile Chance dar, neue Technologien oder auch einzelne Komponenten bereits in Frühphasen zu erproben, Erkenntnisse zu gewinnen und die Entwicklung so deutlich zu beschleunigen. Dadurch lassen sich wertvolle Technologien und Dienste für Wirtschaft und Gesellschaft schneller bereitstellen.

Das reduzierte Format verlangt nach besonders smarter, maßgeschneiderter Technik: Sowohl die Satellitenplattformen als auch die Nutzlasten müssen klein, leicht und sehr energieeffizient gestaltet werden – und das ohne an wissenschaftlicher oder operativer Leistungsfähigkeit zu verlieren. Ziel ist neben der Miniaturisierung bei gleichbleibender oder sogar gesteigerter Performance auch stets, die Standardisierung und Modularität der Strukturen voranzutreiben.

Hintergrundinfo: Familienbande – Satelliten vom kleinen MiniSat bis zu winzigen Pico- und FemtoSats

Kleinsatellit ist nicht gleich Kleinsatellit. Es gibt vielmehr eine ganze Familie an Weltraumsystemen unter 500 Kilogramm Gesamtmasse. Jede Größe bietet sich für spezifische Anwendungen und Orbits an. Die Basiseinheit zum Vergleich verschiedener Größen ist die „Unit“. Eine Unit (abgekürzt 1U) hat die Maße 10 x 10 x 10 Zentimeter. Je nach Anwendungsfall wird ein Kleinsatellit dimensioniert: So gibt es Satelliten mit zum Beispiel 0,25, 1,5, 2, 3, 6, 12U oder noch größer. Als Minisatelliten werden solche mit einer Masse von etwa 100 bis 180 Kilogramm bezeichnet. Über Mikro und Nano wird es immer kleiner bis hin zu den Picosatelliten bis ein Kilogramm und Femtosatelliten, die nur noch ein bis zehn Gramm aufweisen.

Bei all dem werden die Komponenten nicht nur kleiner. Auch neue Technologien wie die künstliche Intelligenz werden immer häufiger integriert. Beispiele sind hier etwa die On-board-Energieoptimierung sowie -Datenverarbeitung.

Umlaufbahn mit Anspruch: Kleinsatelliten agieren auch in besonders niedrigem Orbit

Klein- und Kleinstsatelliten sind auch sehr gut für den Einsatz im sogenannten Very Low Earth Orbit (kurz VLEO) geeignet, also in den extrem niedrigen Erdumlaufbahnen unterhalb von etwa 300 Kilometer Höhe. Klassische Satelliten befördert man in der Regel in Höhen ab 500 Kilometer. Dort beginnt der Low Earth Orbit, kurz LEO, wo beispielsweise Erdbeobachtungssatelliten ausgesetzt werden. Ab etwa 23.000 Kilometer, im Middle Earth Orbit (MEO) fliegen zum Beispiel Navigationssatelliten. Und Kommunikationssatelliten „stehen“ in etwa 36.000 Kilometern im geostationären Orbit buchstäblich fest über einem Punkt unserer Erde.

Im VLEO profitieren Instrumente unter anderem von einer besseren optischen Auflösung und kürzeren Signalübertragungswegen zur Erde. Doch der Orbit stellt auch besondere Anforderungen: Die Atmosphäre übt hier noch eine deutliche Bremswirkung auf die Kleinsatelliten aus, sodass sie leistungsfähige Antriebe benötigen, die regelmäßige Bahnanhebungen durchführen. Auch müssen die Materialien sehr robust sein – und zugleich möglichst vollständig und klimaverträglich nach dem End-of-Life des Satelliten beim Wiedereintritt verglühen. Die Lebenszeiten der Kleinsatelliten im VLEO sind im Vergleich zu Missionen in höheren Orbits sehr kurz (manchmal nur ein Monat Missionsdauer). Entsprechend wird über die Zeit eine erhöhte Anzahl in diesem Orbit ausgesetzt – ein Spannungsfeld zwischen Effizienz und Nachhaltigkeit.

Kleinsatelliten für Gesellschaft, Umwelt, Sicherheit und die Stärkung der Unabhängigkeit Europas

In der Umweltbeobachtung ermöglichen die kleinen Orbiter beispielsweise ein engmaschiges Monitoring von Waldbränden. Während große Satelliten wie die Sentinel-Familie aus dem europäischen Copernicus-Programm oft nur einmal täglich eine Region überfliegen, erlaubt etwa das OroraTech-System „Wildfire Solution Platform“, zu dem das DLR das KI-gestützte Analyseverfahren beisteuerte, aufgrund seiner Konstellation mit acht Kleinsatelliten bis zu fünf Überflüge täglich – ein entscheidender Vorteil in hochdynamischen Krisensituationen wie Waldbränden. Auch die Meeresbeobachtung profitiert: Die OTTER-Nanosatelliten werden in Formation fliegen und die Schiffs- und Wellenbewegungen auf den Ozeanen erfassen, aus denen sich dreidimensionale Darstellungen generieren lassen.

Im sicherheits- und geopolitischen Kontext gewinnen Kleinsatelliten ebenfalls in der Telekommunikation an Bedeutung. Ein global verfügbares System wie zum Beispiel die Starlink-Konstellation von SpaceX hat in Krisenregionen gezeigt, welch wichtige Unterstützung eine satellitenbasierte Kommunikation leistet. Um unabhängiger zu werden, will Europa mit eigenen Projekten nachziehen, etwa durch den Ausbau der französischen Eutelsat-Flotte als Gegenmodell zum US-amerikanischen System.

Gleichzeitig rücken Anwendungen zur Verbesserung der Cybersicherheit in den Fokus: Zukünftige Netzwerke aus Mini-Satelliten könnten zum Beispiel helfen, bei gezielten Cyberangriffen auf die Energieinfrastruktur einzuspringen, Anlagen reaktivieren, Viren entfernen oder Systemupdates aufspielen. In Projekten wie dem Forschungsverbund QUBE II („Quantenschlüsselübertragung von einem CubeSat zum Boden“) arbeiten wir mit anderen Forschungseinrichtungen und OHB als industriellem Koordinator an Technologien für eine abhörsichere Kommunikation mithilfe satellitengestützter Quantenverschlüsselung.

Auch zur Überwachung globaler Lieferketten – etwa zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards nach dem EU-Lieferkettengesetz – könnten Kleinsatelliten beitragen: Sie verfolgen Transportwege nach oder helfen, die Herkunftsregionen von Rohstoffen zu kontrollieren. So sollen nach und nach satellitengestützte Dienste entstehen, die weit über die „klassische“ Erdbeobachtung hinausgehen werden – und Sicherheit und Resilienz unserer komplexen, vernetzten Welt auf eine ganz neue Stufe heben.

Gerade im Zeitalter wachsender geopolitischer Unsicherheiten sind resiliente Raumfahrtsysteme gefragter denn je. In Schwärmen sind Kleinsatelliten redundant und dezentralisiert – und dadurch deutlich robuster gegenüber Störungen. Ihre Fähigkeit, in kurzer Zeit ersetzt oder ergänzt zu werden, macht sie zu einem wichtigen Baustein einer resilienteren Raumfahrtinfrastruktur. Und so eröffnen sie nicht nur neue wissenschaftliche Horizonte, sondern stärken auch die technologische Souveränität Europas.

Nachhaltigkeit im Orbit – Raumfahrt mit Verantwortung

Ein weiteres bedeutendes Feld der Strategie der DLR-Raumfahrtforschung ist die Nachhaltigkeit der Raumfahrt von morgen. Der sprunghafte Anstieg der Startzahlen, insbesondere durch kommerzielle Akteure im New Space, erhöht das Risiko für Kollisionen und damit für die Entstehung von Weltraumschrott – ein wachsendes Problem im erdnahen Orbit.

Wir setzen deshalb auf vorausschauende Entwicklung, zum Beispiel von Baumaterialien, die sauber in der Atmosphäre verglühen, von geeigneten End-of-Life-Prozeduren, die einen kleinen Orbiter verlässlich und gezielt zum Wiedereintritt bringen, oder von Sensortechnik zur präzisen Positionsbestimmung, Bahnverfolgung und auch der Identifizierung vom Boden aus. Kleinsatelliten bieten hier aufgrund ihrer geringen Masse und höheren Innovationsgeschwindigkeit gute Chancen für neue Konzepte.

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